Peenemünde: Durch Rüstung und Krieg geprägte Landschaft

13. August 2024

Wer sich für Bodenschutz und Altlasten und vor allem auch für die Einwirkungen von Rüstung und Krieg auf Landschaft und Boden interessiert, der wird sich bei einem Urlaub auf der wunderschönen Insel Usedom auch Zeit für einen Besuch der ehemaligen militärischen Versuchsanstalten in Peenemünde nehmen. Hier wurde von 1936 bis 1945 das größte militärische Forschungszentrum in Europa betrieben und die erste funktionierende Großrakete als „Vergeltungswaffe V2“ entwickelt.

Rund 12.000 Menschen waren in den insgesamt 25 km2 Fläche umfassenden Versuchsanstalten beschäftigt, für die eine komplette Wohnsiedlung (heute Teil von Karlshagen) und eine S-Bahn von dort zu den Versuchsanstalten errichtet wurden. In Peenemünde wurden auch Zwangsarbeiter eingesetzt, die unter erbärmlichen Verhältnissen in einem Lager untergebracht waren.

Nach dem verheerenden alliierten Bombenangriff in der Nacht vom 17. auf den 18. August 1944, also vor ziemlich genau 80 Jahren, erfolgte die Verlagerung der V2-Produktion in unterirdische Stollen im Harz, wo unter dem brutalen Einsatz von KZ-Häftlingen die Serienproduktion aufgenommen wurde. Nach dem 2. Weltkrieg bis zur Wende 1990 nutzte die Nationale Volksarmee das Gelände.
Das Historisch-Technische Museum Peenemünde stellt in seiner Dauerausstellung die Geschichte der deutschen Raketentechnik mit ihren Anfängen in den 1920er Jahren über die Arbeiten in Peenemünde bis zur Serienfertigung und dem militärischen Einsatz der V2 gegen die Zivilbevölkerung von allem in Großbritannien und in den befreiten Gebieten von Belgien dar.

Entlang eines Rundwegs von 25 km Länge, der am besten mit dem Fahrrad zu bewältigen ist, bekommt man eine Vorstellung von der Größe der Peenemünder Versuchsanstalten, die heute eines der größten Flächendenkmäler Deutschlands bilden. Weite Teile sind aber als munitionsbelastet eingestuft und dürfen damit nicht betreten werden.
Trotz der Eingriffe durch die Rüstungsindustrie und die Kriegseinwirkungen blieb wertvolle Natur erhalten; in Bombenkratern und Geländesenken sind Klein- und Moorgewässer entstanden. Teile des Geländes stehen unter Naturschutz, insgesamt 21 km2 sind DBU-Naturerbeflächen.
Karlshagen, das südlich an das Gelände der Versuchsanstalten angrenzt, wurde bei dem Bombenangriff im August 1944 ebenfalls schwer getroffen. Hier wird an den Strandzugängen auf das Risiko durch versehentliches Aufsammeln von Brandbomben-Resten, die mit Bernstein verwechselt werden können, hingewiesen. Dies, nachdem es immer wieder zu einer Selbstentzündung des Phosphors durch die Erwärmung „in der Hosentasche“ und schweren Brandverletzungen gekommen ist.
Die Folgen von Rüstung und Krieg für Landschaft und Boden sind also auch auf der Insel Usedom noch „erfahrbar“ – und dies (fast) 80 Jahre nach Kriegsende! 

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